Lernen im Schlaf- das sagt die Forschung

Sprachen lernen während man schläft, das klingt doch sehr verlockend oder etwa nicht? Es gibt einige Experimente zu diesem Thema. In dieser Studie haben Probanden tagsüber 120 holländische Vokabeln gelernt. Nachts, im Schlaf wurden den Probanden 60 von den 120 tagsüber gelernten Vokabeln auditiv präsentiert. Präsentiert wurde dabei lediglich das holländische Wort und nicht die deutsche Übersetzung. Die Wörter wurden so leise vorgespielt, dass die Probanden davon nicht aufgewacht sind. Zudem wussten die Probanden nicht, welche der 120 Wörter im schlaf präsentiert wurden. Am nächsten Tag wurden alle 120 Vokabeln erneut abgefragt. Dabei wurden die 60 Vokabeln die nachts präsentiert worden sind, signifikant besser gewusst als die anderen Vokabeln. Demnach hat die zusätzliche Präsentation der Vokabeln im Schlaf dazu geführt, dass die Vokabeln besser im Gehirn gespeichert worden sind und die Probanden sich diese Vokabeln besser merken konnten.

Wie einfach kann ich die Ergebnisse der Forschung in meinen Lernalltag integrieren?
Das ganze klingt ja schon fast nach einer Traumvorstellung. Ich muss also nie wieder Vokabeln lernen, sondern lasse mir nachts einfach von meinem Smartphone die Vokabelliste vorspielen und am nächsten Tag sind die Vokabeln quasi schon gelernt?

Ganz so einfach ist das Ganze jedoch leider nicht. Es gibt verschiedene Aspekte, die zunächst beachtet werden müssen. Zum einen haben die Probanden Vokabeln vorgespielt bekommen, die sie tagsüber bereits gelernt haben. Das Experiment hat lediglich dazu geführt, dass die bereits gelernten Vokabeln besser gemerkt werden konnten. Das Lernen von komplett neuen Inhalten im Schlaf ist jedoch eine ganz andere Thematik. Auf die wir später im Artikel auch noch eingehen werden.

Der zweite Aspekt ist der, dass in der Studie die genauen Hirnströme der Probanden im Schlaf gemessen wurde. So konnte sichergestellt werden, dass die Vokabeln zu einer speziellen Schlafphase vorgespielt werden konnten, in der die Probanden nicht aufgewacht sind, das gesprochene aber trotzdem unterbewusst wahrgenommen wurde. Die ideale Schlafphase dafür ist die Non-REM- Phase.
Das bedeutet also, dass es nicht so einfach ist, das Experiment auf den Alltag zu übertragen. Zum einen müsste der Lerner selbst in der Lage sein, seine Hirnströmungen zu messen, um die Vokabeln zur passenden Zeit in der passenden Lautstärke vorzuspielen. Die entsprechende Hardware und Software für diese Anwendung muss jedoch erst noch konzipiert werden.

Kann man auch komplett neue Lerninhalte im Schlaf lernen?
Bei der oben beschriebenen Studie wurden den Probanden im Schlaf Vokabeln präsentiert, die sie tagsüber schon einmal gelernt haben. Wie sieht es jedoch aus, wenn man komplett neue Vokabeln im Schlaf lernen möchte?
Diese Frage wird aktuell in der Forschung kontrovers diskutiert. Es gibt Hinweise darauf, dass es möglich ist. Die Vorteile die das „Lernen“ im Schlaf bringen, sind jedoch sehr gering und nicht vergleichbar mit den Effekten in der oben beschriebenen Studie.

Worauf muss ich achten wenn ich das Experiment selbst einmal ausprobieren möchte?

Das wichtigste ist, dass du lediglich die Wörter in der Fremdsprache abspielen lässt, ohne deutsche Übersetzung. Nur so arbeitet dein Unterbewusstsein und erinnert sich passiv an die Übersetzung. Spielst du direkt die deutsche Übersetzung mit vor, so arbeitet dein Unterbewusstsein nicht, das bedeutet, dass keine neuen Verknüpfungen erstellt werden und ein Lernprozess nicht stattfindet, jedenfalls nicht ausreichend um erkennbare Fortschritte zu erzielen.
Ideal wäre es natürlich, wenn du einen regelmäßigen Schlaf hast und weißt, zu welcher Zeit du ungefähr in welcher Schlafphase bist. Abhilfe könnte hier z. B. die App sleep cycle schaffen. Diese App analysiert deinen Schlaf anhand von Geräuschen. Somit kannst du grob ermitteln zu welcher Zeit du dich wahrscheinlich in der Non-REM Phase befindest. Dann kannst du dir einen Timer stellen und zu diesem Zeitpunkt die Audiodatei mit den Vokabeln oder Texten vorspielen lassen. Du kannst es allerdings auch ohne vorherige Schlafanalyse einmal ausprobieren, schließlich hast du ja nichts zu verlieren. Du solltest jedoch auf deine Schlafqualität achten. Fühlst du dich trotz ausreichend Schlaf weniger erholt, so ist es sinnvoller die Vokabeln beispielsweise vor dem Schlafen gehen noch einmal zu wiederholen. Denn ausreichend und vor allem tiefer Schlaf ist auch für den Lernprozess das wichtigste.

Fazit

Eine komplette Sprache im Schlaf zu lernen, das wäre wohl zu schön, um wahr zu sein. Das Erlernen von neuen Inhalten im Schlaf hat kaum bis gar keinen Effekt. Jedoch sieht das ganze bei Inhalten, die wir tagsüber aktiv gelernt haben anders aus. Werden diese Inhalte nachts im Schlaf leise, sodass man nicht aufwacht vorgespielt, werden diese nachweislich besser gespeichert. Man kann demnach eindeutig sagen, dass das Vorspielen von Vokabeln im Schlaf dazu führt, dass die Wörter schneller und mit weniger Aufwand in das Langzeitgedächtnis gespeichert werden.

Jedoch ist es nicht so einfach die Rahmenbedingungen aus dem Experiment in den Alltag zu übertragen. Die Vokabeln sollten während der Non-REM Schlafphase zu einer bestimmten Lautstärke präsentiert werden. Dafür müssen konstant die Hirnströme gemessen und ausgewertet werden.

Daher lautet unser Rat an dich:

Am besten ist es, du probierst das ganze einfach mal aus. Zu verlieren hast du nichts und im Optimalfall kannst du dir die Vokabel einfacher und langfristiger ohne zusätzlichen Aufwand merken. Sei jedoch nicht enttäuscht, wenn es bei dir nicht so gut funktioniert. Falls deine Schlafqualität davon beeinflusst wird lass es lieber bleiben. Dann ist es wesentlich effektiver, wenn du dir die Vokabeln vor dem Schlafen gehen noch einmal kurz anschaust. Auch das verbessert die Speicherung messbar, da nachts das gelernte verarbeitet und aufbereitet wird.